Modul 8 – Die Formierung der russischen Arbeiterbewegung

Zur Jahrhundertwende kommt es zu einer Verlagerung des Schwerpunktes der internationalen Arbeiterbewegung nach Russland. Die kapitalistische Entwicklung erfasste im russischen Zarenreich nur wenige Industriezentren, in denen sich jedoch rasch eine kampfstarke Arbeiterbewegung herausbildete. Die revolutionäre Bewegung hatte dort in den Jahren 1901-1904 einen massiven Aufschwung erfahren. Der Schwerpunkt des Moduls liegt auf dem Nachvollziehen der Entwicklung in Russland und dem Ringen um die Formierung einer Arbeiterpartei. Es werden die ideologischen Auseinandersetzungen, wie die praktischen Aufbauprozesse behandelt, die schließlich zur Formierung der bolschewistischen Partei führten. Hier war die Schaffung einer politischen Kampfzeitung (Iskra) zentral, die Auseinandersetzungen Lenins zur Partei (Was tun) und der Kampf gegen den Ökonomismus.

November 2025

16.11.2025 – 13.12.2025

Vorlesung: 16.11.2025

Modulbeschreibung

Die Zeit von 1895 bis 1913 war für die deutsche und internationale Arbeiterbewegung eine Phase tiefgreifender Veränderungen. Im Deutschen Reich setzte sich die kapitalistische Produktionsweise endgültig durch. Gleichzeitig trat der Kapitalismus weltweit in eine neue Entwicklungsstufe ein: den Imperialismus.

Zur Jahrhundertwende kommt es zu einer Verlagerung des Schwerpunktes der internationalen Arbeiterbewegung nach Russland. Die kapitalistische Entwicklung erfasste im russischen Zarenreich nur wenige Industriezentren, in denen sich jedoch rasch eine kampfstarke Arbeiterbewegung herausbildete. Die revolutionäre Bewegung hatte dort in den Jahren 1901-1904 einen massiven Aufschwung erfahren. Der Schwerpunkt des Moduls liegt auf dem Nachvollziehen der Entwicklung in Russland und dem Ringen um die Formierung einer Arbeiterpartei. Es werden die ideologischen Auseinandersetzungen, wie die praktischen Aufbauprozesse behandelt, die schließlich zur Formierung der bolschewistischen Partei führten. Hier war die Schaffung einer politischen Kampfzeitung (Iskra) zentral, die Auseinandersetzungen Lenins zur Partei (Was tun) und der Kampf gegen den Ökonomismus.

Der Russisch-Japanische Krieg zeigt die Schwäche des russischen Zarismus. In der Auseinandersetzung um eine revolutionäre Strategie versus Vaterlandsverteidigung spitzt sich die Auseinandersetzung zwischen Bolschewiki und Menschewiki zu. Der Kampf der Arbeiter gegen den Krieg endet zwar vorerst mit einer Niederlage, zeigt aber deutlich die revolutionäre Situation und die führende Rolle der Arbeiterklasse in der russischen Revolution (1905 bis 1907) an.

Nach der Auflösung der Duma 1907 und der Errichtung der Stolypin’sche Reaktion gehen die Bolschewiki unter der Führung Lenins weiter einen ideologischen Verständigungsprozess ein und vertiefen gleichzeitig ihre Verbindung zu den Massen. 1912 wird dann die SDAPR-Bolschewiki in Prag gegründet.

Das Modul endet am Vorabend des Ersten Weltkriegs 1914. In dem Modul 9 wird schwerpunktmäßig Lenins Auseinandersetzung mit der Parteifrage nachvollzogen und kollektiv Was tun gelesen.

Vorlesung

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Vorlesung: 16.11.2025

Literatur

Die Auseinandersetzungen um die Frage, welche Aufgaben die Partei des Proletariats hat und wie sie entsprechend organisiert sein muss, werden vor und insbesondere nach der Revolution von 1905 in Russland sehr intensiv diskutiert und theoretisiert. Diese Debatte prägt die II. Internationale sehr stark. Wir setzen uns diese Woche auch mit dem Revisionismus in Deutschland auseinander, also dem Versuch, die Theorie des Marxismus grundlegend zu revidieren, weil sich der imperialistische Kapitalismus vermeintlich anders entwickelt, als von Marx und Engels hervorgesagt. Für dieses Verständnis ist allen der Erweiterungstext von Bernstein ans Herz gelegt, in dem er „im Namen der Wissenschaft“ gegen den „politischen Gesinnungsmarxismus“ zu Felde zieht. Während es also in den Wochen 2-4 darum geht, die Kämpfe des russischen Proletariats und ihrer theoretischen Verarbeitung zu verstehen, wollen wir uns in dieser ersten Woche vergegenwärtigen, was es genau bedeutet, dass die internationale Arbeiterbewegung und damit auch ihre Theoriebildung dorthin verlagert wird. Dieses Verständnis ist zentral, um die Bedeutung der Erfahrungen und
theoretischen Beiträge der Bolschewiki Anfang des 19. Jahrhunderts zu verstehen.

Grundkurs

  • GddAB, Bd. 2, Die Verlagerung des Zentrums der internationalen revolutionären Arbeiterbewegung nach Russland, S. 9-29.
  • GddAb, Bd. 2, Die Kämpfe der deutschen Arbeiterklasse gegen Ausbeutung und politische Entrechtung, S. 29-62.

Erweiterungskurs

  • Bernstein, Eduard (1900): An meine socialistischen Kritiker.

In dieser Woche wollen wir uns mit den politischen Auseinandersetzungen innerhalb der russischen Sozialdemokratie befassen, die zu einer späteren Ausdifferenzierung in die bolschewistische und menschewistische Fraktion führten. Ein Meilenstein in dieser Auseinandersetzung war der II. Parteitag
der SDAPR im Jahre 1903. Hier ging es vor allem um das Verhältnis der Partei zu den Kämpfen der Arbeiterklasse und das Verhältnis der Mitglieder zu ihrer Partei. Diese Fragen sind bis heute zentral für die Frage der Formierung einer kampffähigen revolutionären Partei. Sie werden heute häufig mit historischen Bezügen zu damals diskutiert, weshalb wir sie in ihrer historischen Genese gut nachvollziehen müssen. Die Lektüre des Primärtextes von Lenin zu den Auseinandersetzungen auf dem Parteitag gibt einen sehr scharfen Einblick in Lenins Kritik an den ökonomistischen Auffassungen über die Aufgaben der Partei der Arbeiterklasse.

Grundkurs

  • Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki). Kurzer Lehrgang, S. 36-67.

Erweiterungskurs

  • Lenin, Wladimir Iljitsch (1904): Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück. Kapitel i, Der Paragraph 1 des Statuts, S. 51-78.

In dieser Woche setzen wir uns mit der Rolle des Proletariats in der bürgerlich-demokratischen Revolution auseinander. Der Zarismus war nach dem Petersburger Blutsonntag von 1905 in eine schwere Krise geraten. Diese Krise konnte von der Sozialdemokratie nicht bis zum vollständigen Sturz des Zarismus genutzt werden, da es schwerwiegende Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Rolle der Proletariats in dieser Revolution gab. Lenin bemühte sich darum, die bolschewistische und menschewistische Taktik in dieser Revolution klar voneinander abzugrenzen, um die Formierung einer revolutionären Kampfpartei vorzubereiten. Sie werden im Kurzen Lehrgang als völlig neue, im Gegensatz zu den bisherigen Auffassungen der internationalen Sozialdemokratie stehende Taktik der revolutionären Kampfpartei bewertet. Für ein Verständnis der Formierung der Bolschewiki zu einer revolutionären Kampfpartei ist es wichtig, diesen Prozess nachzuvollziehen.

Grundkurs

  • Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki). Kurzer Lehrgang, S.69-118.

Erweiterungskurs

  • Lenin, Wladimir Iljitsch (1905): Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution, Vorwort, Kapitel 1-5, S.7-44.

In Woche befassen wir uns mit der Theorie und Praxis der russischen Sozialdemokratie nach der gescheiterten Revolution. In dieser Phase stand eine krisenhafte russische Sozialdemokratie einer extrem reaktionären Politik des Zaren gegenüber. Die Sozialdemokratie diskutierte intensiv, was nun zu tun war. Liquidatoren und Otsowisten auf der einen Seite forderten die Auflösung der Partei bzw. die Abberufung der sozialdemokratischen Duma-Fraktion. Die Bolschewiki dagegen forderten eine geschickte Verbindung von legaler und illegaler Arbeit, um die Massen auf einen neuen Anlauf zur Revolution vorzubereiten. Die illegale Parteizeitung Prawda sollte dabei dazu dienen, die zerplitterten Teile der Sozialdemokratie und Arbeiterbewegung zu einer revolutionären Kampfpartei zu vereinen.

Grundkurs

  • Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki)- Kurzer Lehrgang, Kapitel IV+V (S.121-180; ohne S.131-165) und S.183-200.

Zur Einordnung unserer Quellen empfehlen wir, den Hintergrundtext „Zur Literatur des Studiengangs“ zu lesen.