In diesem Text möchten wir auf einen zentralen Bestandteil der Literatur im Studiengang eingehen: die acht Bände der „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“. Neben diesen Werken wird im Studiengang weitere Literatur bereitgestellt, darunter Texte der Klassiker des wissenschaftlichen Sozialismus und weitere ergänzende Materialien. Die jeweils zugehörige Literatur findet ihr direkt bei den einzelnen Modulen.
„Wer die Geschichte seines Volkes nicht kennt, gleicht einem Menschen ohne Gedächtnis“, lautet ein altes Sprichwort. Die Geschichte der Arbeiterbewegung ist nicht nur ein wesentlicher Bestandteil der Geschichte des Volkes, sondern auch ein Schlüssel zum Verständnis der wissenschaftlichen Weltanschauung des Proletariats. Die Theorie des wissenschaftlichen Kommunismus lässt sich nur begreifen, wenn man die Gründe und Bedingungen ihrer Entstehung kennt.
Für die Arbeiter ist die Geschichte ihrer Bewegung von entscheidender Bedeutung, um ihren Kampf erfolgreich organisieren zu können. Lenin schrieb dazu: „Die klassenbewussten Arbeiter blicken, während sie ihre Bewegung voranführen, ständig auf den von der Arbeiterbewegung zurückgelegten Weg und denken stets von neuem darüber nach, ob dieser Weg der richtige ist und ob man etwas besser machen kann.“
Um diesen Weg zu verstehen und eingehend zu studieren, möchten wir im Studiengang zur Geschichte des Kommunismus die acht Bände der „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“ als roten Faden nutzen.1 Hinzu kommen Texte der Klassiker des Marxismus und Texte zur internationalen Bewegung sowie weitere Literatur.
Die Leistung der „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“
Die Geschichte selbst ist ein Bestandteil des Klassenkampfs, und die herrschende Klasse setzt alles daran, die schöpferische Kraft und revolutionäre Rolle der Arbeiterklasse aus der historischen Erinnerung zu verdrängen und stattdessen ihre eigenen Mythologien zu etablieren. Daher ist es oft eine Herausforderung, die Geschichte des Kommunismus zu studieren und geeignete Quellen dafür zu finden. Die acht Bände der „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“ stellen deshalb einen großer Schatz dar. Sie ermöglichen es uns, die lebendige Geschichte des Kampfes und die damit verbundenen zentralen Fragen zu verstehen und zu lernen.
Im Vorwort zum ersten Band heißt es: „In der achtbändigen ‚Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung‘ werden deshalb nicht einfach Tatsachen und Ereignisse chronologisch aneinandergereiht. Ihr innerer gesetzmäßiger Zusammenhang wird aufgedeckt, die geschichtliche Entwicklung als Fortschreiten vom Niederen zum Höheren gezeigt. Die historische Wahrheit besteht nicht nur darin, im Einzelnen zu sagen, was sich ereignet hat, sie besteht zugleich darin, die Ereignisse zu erklären, ihren Zusammenhang mit anderen gesellschaftlichen Erscheinungen aufzudecken, die Gesetzmäßigkeit der Entwicklung, ihre Triebkräfte, ihre Dialektik sichtbar zu machen und historische Lehren zu vermitteln.“2
Die acht Bände betten die theoretischen Meilensteine des wissenschaftlichen Kommunismus in ihren historischen Kontext ein, ebenso wie die Entwicklung des Klassengegners und des deutschen Imperialismus. Sie porträtieren bedeutende Persönlichkeiten der Arbeiterbewegung und beleuchten Organisationen sowohl des Proletariats als auch anderer Bewegungen und gesellschaftlicher Schichten. Die Darstellung basiert auf wesentlichen früheren Arbeiten zur Geschichte der Bewegung und des deutschen Volkes, darunter die Werke von Franz Mehring, Schriften der KPD und weitere wichtige Quellen.
Bedingungen und kritische Reflexion
Wie jedes Werk sind auch die acht Bände der „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung“ unter bestimmten historischen Bedingungen und Notwendigkeiten entstanden. Sie wurden von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) in Auftrag gegeben und herausgegeben – einer der zentralen Kampforganisationen des deutschen Proletariats, die selbst aktiver Teil dieser Geschichte war. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht die Frage des Weges zur Macht, ein zentrales Thema sowohl für die historische Entwicklung der Arbeiterbewegung als auch für den Aufbau des Sozialismus in der DDR. Diese Frage bleibt auch heute eine der entscheidenden Herausforderungen.
Das Werk könnte zudem eine innerparteiliche Funktion gehabt haben, da die SED aus der Zusammenführung von Kommunisten und Sozialdemokraten hervorging. Gerade die Fragen nach Macht und Staat waren ideologische Konfliktpunkte zwischen diesen beiden Traditionen. Es liegt nahe, dass die Bände zur Klärung dieser Differenzen beitragen sollten – und sie sind dafür zweifellos geeignet.
Wir möchten das Werk auch kritisch betrachten, hinterfragen und reflektieren. Diese Herangehensweise ist nicht nur üblich für marxistische Studien, sondern auch unverzichtbar, um ein tieferes Verständnis der Geschichte zu gewinnen. Heute stehen wir vor teilweise anderen Fragen – oder vor denselben, jedoch aus einer anderen Perspektive. Es ist gut möglich, dass wir bestimmte Situationen und Entwicklungen anders bewerten als die Genossen damals.
Die gemeinsame Arbeit an den Texten wird uns dabei unterstützen, solche Unterschiede und Perspektiven zu erkennen. Die acht Bände reichen in ihrer Darstellung bis in die frühen 1960er Jahre und decken damit etwa die Hälfte des Studiengangs ab. Für die Zeit danach werden wir auf andere Quellen und Darstellungen zurückgreifen.
Internationale Bewegung
Die Arbeiterbewegung ist von ihrem Wesen her eine internationale Bewegung. Deshalb wird der Studiengang auch internationale Werke und Texte umfassen, darunter Teile der Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion sowie weitere Quellen, die die Kämpfe in vielen anderen Ländern beleuchten.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt zudem auf Texten marxistischer Denker aus dem globalen Süden. Diese Werke sind von zentraler Bedeutung, da sie zur Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Weltanschauung der Arbeiterklasse entscheidend beigetragen haben.